Was ist Luxus? Diese Frage habe ich mir während meines Einsatzes im Ahrtal öfter gestellt. Am Sonntag, den 25.07.2021 um 3:15 Uhr wurde meine Gruppe unserer Betreuungseinheit des DRK nach Bad Neuenahr verlegt. Um 9:20 Uhr trafen wir in unserem Biwak ein, um die dort eingesetzten Einheiten abzulösen. Unser Biwak lag auf einem kleinen Sportplatz oberhalb von Bad Neuenahr. Wir schliefen in Zelten auf Feldbetten. Das Besondere an unserem Zelt war, dass es eine Folie als Bodenbelag hatte, damit die Bodenfeuchtigkeit nicht zu sehr aufsteigen konnte. 

Ist ein Folienfußboden Luxus? 

Dieser Sportplatz hatte zwei kleine Umkleidekabinen. Diese hatten jeweils drei Duschen und eine Toilette. Insgesamt waren dort 110 Helfer und 30 Helferinnen stationiert. Also habe ich mir mit 110 Kameraden drei Duschen und eine Toilette geteilt. Aber wir waren in einer privilegierten Situation. Wir hatten fließend warmes/kaltes Wasser. 

Ist eine Toilette für mehr als 100 Helfer Luxus? 

Meine Gruppe bekam ei- nen Spezialauftrag. Je zwei Sanitäter und ein Notfallseelsorger bildeten ein Team, und wir wurden als Fußstreifen eingesetzt. Wir waren in den Straßen und Gassen unterwegs, um mit geschultem Auge des Notfallseelsorgers die Menschen anzusprechen, die besonderer Hilfe bedurften. Wir bekamen darüber hinaus auch Adressen von der Leitstelle. Zusätzlich hatten wir uns eine Liste mit Personennamen angelegt, die bereits bei uns in der Betreuung waren. Die Gespräche waren so vielfältig, dass ich hier nicht ins Detail gehen kann und zum Teil auch nicht möchte. Das Spektrum reichte von maximaler körperlicher Erschöpfung bis hin zum Verlust der Lebenslust. 

Ist Lebenslust Luxus? 

Ein Teil der Helfer*innen war u.a. damit beauf- tragt worden, Spenden der Bevölkerung entgegen zu nehmen, zu sortieren und auszugeben. Da wir mobil unterwegs waren, haben wir dort mitgeholfen, wo Not war. Ein Betroffener fragte mich, ob er ein Duschgel bekommen könne, woraufhin ich ihm zwei Flaschen gab. Eine Flasche reichte er mir mit den Worten zurück, dass er nur eine benötige, vielleicht brauche diese noch jemand anderer. Und das, wo noch vor kurzem Toilettenpapier gehortet wurde. 

Eine Flasche Duschgel, ist das Luxus? 

Der Einsatz stellte aber auch eine maximale körperlich Belastung für uns dar. Im Einsatzgebiet trugen wir ganztags nicht nur unsere schweren Einsatzstiefel, sondern auch eine FFP2-Maske. Diese nicht nur als Schutz vor Corona, sondern auch zum Schutz vor Geruchsbelästigung und Feinstaub. Es war unklar, was sich alles im Schlamm abgelagert hatte. Viele der freiwilligen Helfer trugen Gummistiefel oder Sandalen, was eine Verletzungsgefahr für sie darstellte.

Ein paar feste Stiefel, ist das Luxus?

Bei einem Gespräch mit einem Bewohner sagte dieser zu mir, dass es endlich voran ginge. Sie hätten wieder Wasser und zeigte auf ein 1000 l Fass Brauchwasser, das die Bundeswehr in der Mitte der Straße abgestellt hatte. Kein Trinkwasser. 

Ist Brauchwasser echter Luxus? 

Wir wurden am Mittwoch, den 28.07.2021 um 13:00 Uhr durch frische Einheiten abgelöst. Jedoch hatte sich am Vormittag beim letzten Einsatz eines unserer Einsatzfahrzeuge einen Nagel in den Reifen gezogen. Jetzt galt es, ein Paar passende Reifen im Schadensgebiet aufzutreiben. Dieses gelang zum Glück recht zügig. Auch eine Hebebühne in einer Werkstatt stand bereit. Allerdings hatte das Personal der Werkstatt keine Zeit, uns die Reifen zu wechseln. Daraufhin legten wir selbst Hand an. 

Ist Zeit zum Helfen Luxus? 

Was ist Luxus? Ist am Ende die Gnade leben zu dürfen Luxus?

Thomas Exner

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