Als am 20. Januar die Vereidigung des Wahlsiegers Joe Bidens in feierlicher Form ohne den befürchteten Anschlag erfolgt war, machte sich nicht nur in Amerika eine große Erleichterung bemerkbar, dass die „4 Jahre Trump“, während deren Amerika der „Welt abhanden gekommen war“, endlich zu Ende sein sollten und seine Hassreden über Twitter nicht mehr zu befürchten waren. Schon bei seiner Amtseinführung hatte er vom „Sumpf des Washingtoner Establishment“, das er trocken legen wollte, schwadroniert. Schon bei der Gelegenheit startete er die Verschwörungstheorie, dass eine Regierung der Demokraten dem Volk die Herrschaft streitig gemacht hätte und den alliierten Partnern erlaubt hätte Amerika zu missbrauchen. Das Beispiel dafür war die NATO, bei der Amerika die Hauptlasten getragen habe und die Europäer Trittbrettfahrer in der Sicherheitspolitik gewesen wären. Was sie an Verteidigungskosten gespart hätten, hätten sie in ihren Export investiert. Besonders auf Deutschland hatte er es abgesehen, dessen Autoexport er mit Strafzöllen ebenso wie den Aluminium- und Stahlexport belegen wolle. Die Europäer beunruhigte er durch die Infragestellung von Artikel 5 des NATO-Vertrages. Eine automatische Beistandsleistung für den Fall russischer Expansionspolitik gegen die gefährdeten ostmitteleuropäischen Staaten werde es nicht mehr automatisch geben. Um ein weiteres Signal der „America first“-Maxime seiner Politik abzugeben, trat er den multilateralen Partnerschaften wie dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation aus. Obendrein tat er alles, um die alte klimaschädliche Montanindustrie wieder zu beleben, strebte die Energieautarkie an und förderte das umweltschädlichen Fracking. Was den Handel angeht, trat er aus dem atlantischen Freihandelsprojekt aus und überließ China den Nutzen des pazifischen Freihandelsvertrages. Sein Nationalismus richtete sich gegen jegliche Migration, er krönte seine Abwehr lateinamerikanischer Migration sogar mit dem Projekt des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko. Vor der Gleichberechtigung für Schwarze und „Hispanics“ warnte er, indem er einen Aufruhr beschwor und behauptete, dass Amerika bei fortgesetzter Migration um seine Identität gebracht werde. Angesichts von Polizeiwillkür bei den Demonstrationen mit dem Motto „Black Lives Matter“ beschwor er Ruhe und Ordnung als Maxime seiner Politik, aber die fehlende Gerechtigkeit für die Minderheiten beachtete er nicht. Wenn er den materiellen Schaden bei den Rassenkrawallen hervorhob und den Einsatz von Nationalgarden gegen die Demonstranten beschwor, übersah er geflissentlich die Benachteiligung Schwarzer, die durch Polizeikontrollen und Festnahmen eingeschüchtert wurden. Trump nutzte den Fundamentalismus radikaler Evangelikale und posierte mit der Bibel als Verteidiger des traditionellen Amerika mit der Vorherrschaft der Weißen. Trumps völliges Versagen in der Coronapandemie mit systematischer Herunterspielung der Lebensgefährlichkeit des Virus ist für die enormen Totenzahlen verantwortlich, die Amerika zu tragen hat. Dem sich abzeichnenden Verlust der Mehrheit bei der Wahl setzte er permanent die Lüge entgegen, dass er die Wahl in jedem Fall gewinnen werde, und als sich in verschieden Staaten wie Pennsylvanien, Michigan und Georgia nach gerichtlicher Überprüfung der Wahlzettel seine Niederlage abzeichnete, setzte er die Propagandalüge in die Welt, dass seinen Unterstützern der Wahlsieg gestohlen worden sei. Der von ihm aufgeputschte Mob seiner Aktivisten sollte mit einem Sturm aufs Capitol die Ergebnisse der Einzelstaaten vor der Zertifizierung durch Vizepräsident Pence verhindern und ihn als „Verräter“ zur Rechenschaft ziehen, was seine Anhänger mit der Parole „hang Pence“ zum Ausdruck brachten. Die Irreführung seiner fanatischen und fundamentalistischen Anhänger als Retter des traditionellen Amerika erhoben ihn in den Rang eines „Erlösers.“ Der 45. Präsident hat eine beispiellose Krise über Amerika gebracht, dessen demokratische Institutionen sich allerdings bewährt haben.             

 Dr. Ulrich Kremer

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