Predigen ist immer schon politisch. Meistens steht eine Person – häufig eine Pfarrperson – im Altarraum oder auf der Kanzel und bekommt Zeit, – deutlich formuliert – das Evangelium zu verkündigen und das in dieser exponierten Position. Gut lutherische 17 Minuten sind zu füllen. Am Anfang ist das schon mit ordentlich Ehrfurcht vor der Sache verbunden. Doch wieso ist Predigen nun immer schon politisch? Predigen ist immer öffentliches Reden. Damit könnte man die Predigt als implizit politisch bezeichnen. Predigt ist aber auch dann politisch, wenn man einen weiten Politikbegriff hat. Politisch leitet sich von dem griechischen Wort Πολις ab. Damit zielt die politische Predigt explizit auf das Gemeinsame und Gerechte im öffentlichen Bereich. Zunächst ist die politische Predigt aber über ihre Abwege berühmt geworden. Besonders im zweiten Weltkrieg war eine patriotische Grundhaltung und Hoffnung auf den deutschen Sieg häufig von der Kanzel zu hören. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde unter dem Stichwort „Entrüstung“ die Diskussion um die Wiederbewaffnung auch auf die Kanzel gebracht. Und hier begegnet uns eine der großen Gefahren der politischen Predigt: der Gestus moralischer Entrüstung und Selbstüberschätzung der Predigenden führte vielfach zur Ablehnung bei den Hörenden. Und dennoch ist auch heute der politische Aspekt der Predigt Thema der Praktischen Theologie. Ihr Fokus hat sich nur etwas verschoben. Sie geht weg von der Machtposition der Predigenden auf der Kanzel, sondern macht das glaubwürdige, predigende Ich, das mit Humor arbeitet, stark. Sie versteht sich als dialogisch und demokratisch. Sie will der Klage (über die Welt) Raum geben, zur Urteilsbildung und zum Nachdenken anregen. Der Ansatz der politischen Predigt unterscheidet zwischen indiskutablen Grundhaltungen bzw. Bekenntnisfällen und diskutablen Positionen. Ziel der politischen Predigt ist es, Menschen anzuregen, sich zueinander und zu der Welt zu verhalten. Dabei bezieht sie Stellung und favorisiert oder kritisiert bestimmte Optionen des Verhaltens untereinander oder im Gegenüber zu der Welt. Damit kann sie auch ideologiekritisch gegenüber der Institution Kirche werden. Was unterscheidet dann die politische Predigt von einer politischen Rede? Die politische Predigt hat ihr Fundament in dem Gedanken der Schöpfung. Predigen kann dann als Versuch verstanden werden, das Wort unseres Schöpfergottes mit der Welt seiner Geschöpfe durch unsere (geschöpfliche) Sprache zu ver-sprechen. „Wo Gott redet, werden Machtworte gesprochen.“ Und auch diese Machtworte fordern auf — sich zu positionieren, Stellung zu beziehen, neu und anders über bestehende Gegebenheiten nachzudenken. Wo Gott redet, nimmt Gott uns mit in die Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen und unserer (Um-)Welt.
Vikarin Malina Teepe

 

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