die Urlaubs- und Ferienzeit als „schönste Zeit des Jahres“ ist nicht nur viel zu schnell vorbei, sondern es braucht auch oftmals einige Urlaubstage, um aus dem Alltagsgeschehen auch gedanklich herauszukommen und wirklich mit Geist und Seele und Leib auszuruhen. Wie kann ich die imaginären Merkzettel „Noch zu erledigen“ zu Hause lassen? Denn: nach der Urlaubszeit geht das Leben weiter, und die Arbeitszeit hat „ihre Zeit“, die freie Zeit des Erholens ebenso. Aber die Seele lässt sich nicht abstellen wie der Motor eines Autos. Kleine Übungen der Achtsamkeit helfen mir da weiter. Vielleicht kann ich sie Ihnen auch mit auf den Weg in den Sommer und durchaus auch in den Alltag danach geben, damit kleine Momente auch mitten im Alltag zu innerer Ruhe und Urlaubsminuten werden, die das Rad des Tuns verlangsamen oder unterbrechen, um Atem zu holen. Und damit sind wir schon beim Wichtigsten: Atemholen. Auch biblisch-theologisch spielt der Atem eine große Rolle. Der Atem und der Geist Gottes sind zu Beginn der Schöpfung das, was Leben möglich macht. Im ersten Schöpfungsbericht ruht / schwebt der Geist Gottes über den Wassern – sie (im Hebräischen ist RUACH weiblich) ist die Voraussetzung für alle Schöpfungstage, die folgen. Im zweiten Schöpfungsbericht haucht Gott dem Menschen, den er von der Erde nimmt, seinen Atem, seinen Geist ein. Im neuen Testament ist der Geist Gottes die Kraft, die Menschen im Glauben miteinander zu einer Gemeinde verbindet. Die Geistkrafttröstet, belebt, dient dem Leben. Wenn in der Gemeinschaft diese Geistkraft fehlt, ist alles Mühen und aller Einsatz umsonst. Gottes Geist, Gottes spendender Atem muss auf allem Tun und Lassen ruhen.


Und somit auch in unserem eigenen Alltag und im Urlaub: bewusstes Atmen! Sind wir aus dem Gleichgewicht, stockt uns der Atem oder wir hyperventilieren. Kommen wir zur kleinen Übung der Achtsamkeit im Urlaub oder auch später wieder im Alltag: Ich nehme bewusst die Situation, die Umgebung wahr, meine Gedanken, meine Gefühle. Vielleicht kann ich mich setzen, meine Hände ruhen – eine offene Handhaltung als Empfangende/r oder auch gefaltete Hände zur äußeren und inneren Bündelung. Ich gehe mit meiner Aufmerksamkeit zu meinen Füßen, berühren sie den Boden, bin ich geerdet? Ich spüre meine Sitzfläche, meine Wirbelsäule. Ist sie aufrecht? Ich versuche den Scheitelpunkt meines Kopfes nach oben zu richten, das Kinn leicht nach unten geneigt. Vielleicht kann ich die Augen schließen. Was höre ich, was rieche ich? Und nun versuche ich meinen Atem zu spüren. Mein Atem hilft mir, ganz bei mir zu sein. Ich spüre, wie er kommt und geht: ich spüre ihn an der Nase, in der Brust, die er hebt und senkt. Um meine Gedanken immer wieder auf das Jetzt und Hier zu richten und „einzufangen“, verbinde ich das Atmen mit einem Wort, das wertschätzend, aufbauend, lebensbejahend ist.

Ich persönlich nehme meist ein mir vertrautes Psalmwort, das ich im Ruhen, aber auch bei Spaziergängen durch den Wald oder an der See im Rhythmus des Atmens im Stillen bete: Beim Einatmen: „Der Herr ist mein Hirte.“ Beim Ausatmen: „Mir wird nichts mangeln.“ (Psalm 23,1) Oder aber das sogenannte „Herzensgebet“ oder „Jesusgebet“: Beim Einatmen: „Herr Jesus Christus“, beim Ausatmen: “Erbarme Dich meiner.“ Wenn sich gedankliche Zerstreuungen einstellen, kehre ich mit der Aufmerksamkeit wieder zurück zu meinem Atmen, das wohlgemerkt mit dem Atem Gottes verbunden ist, und zu dem Wort, das ich mit dem Atem verbinde. Ich versuche, im Moment zu sein. Bei offenen Augen schaue ich auf etwas Schönes, das ich im schnellen Dahineilen übersehen würde, zum Beispiel eine Blume am Wegesrand oder einen Schmetterling, eine Biene bei der Nektarsuche. Wenn Geräusche, Gedanken, Sorgen mich ablenken wollen, lasse ich sie vorüberziehen wie Wolken am Himmel und wende dann meine Aufmerksamkeit wieder zu Atem und Wort. Diese Übung kann fünf Minuten dauern, sie kann aber auch als Meditation und Gebet ca. 20 Minuten ausgeführt werden. Sie schließt mit einem tiefen Durchatmen und mit Bewegen des Körpers. Und wer möchte, mit einer Verneigung vor dem Geheimnis Gottes, der sich uns in allen Dingen offenbart. Ich wünsche Ihnen eine segensreiche Zeit mit vielen Entdeckungen der heilsamen Gegenwart – ob im Urlaub oder mitten im Alltag. 

Ihre Pastorin Birgit Rengel

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