Gemeinsam mit über 100.000 Christen, einige Berichte sprechen sogar von über 130.000, waren wir, 12 Gemeindemitglieder aus St. Christophorus, beim Kir- chentag in Nürnberg. Die Stadt selbst hat schon mehr als 500.000 Einwohner, aber in den Tagen vom 7. bis 11. Juni war die Stadt in unserer Hand. Und was waren das für erfüllte Tage! Bei 2000 attraktiven und beeindruckenden Veranstaltungen wurde angeboten, sich im christlichen Glauben zu begegnen und sich mit den gesellschaftlichen sowie politischen Themen unserer Zeit intensiv zu beschäftigen. Da gab es: Großveranstaltungen, Podiumsdiskussionen zu 16 vielfältigen aktuellen Themenfeldern, Bibelarbeiten, Musikkonzerte, diverse Kabaretts, Feierabendmahle mit geretteten Lebensmitteln, und natürlich immer wieder Gottesdienste im großen und kleineren Rahmen. Ich muss zugeben, dass ich noch heute unter dem Eindruck all dieser Veranstaltungsangebote stehe, von denen wir natürlich nur eine kleine Auswahl besuchen konnten. Täglich haben wir so 4 bis 5 geschafft. Und für einige musste man schon 1 bis 2 Stunden vorher anstehen, wollte man noch in die Säle hineinkommen – zu schnell waren die Räume überfüllt. Also hieß es früh aufstehen. Bei uns klingelte der Wecker morgens schon kurz nach 6 Uhr. Quartier hatten wir in einem Hotel in der Mitte der Altstadt gefunden und so konnten wir viele Angebote und vor allem die Großveranstaltungen zur Eröffnung und zum Abschluss auf dem Nürnberger Hauptmarkt sowie in der Sebaldus- und der Lorenzkirche in wenigen Minuten zu Fuß erreichen. Zu den Messehallen im Süden der Stadt und in die Nachbarstadt Fürth ging es dann mit der U-Bahn. Wie Sardinen drängten sich dann tausende Besucher – alle mit ihren gelb-grünen Kirchentagschals gut zu erkennen – zu den Veranstaltungsorten.
Das Motto des Kirchentags war: „Jetzt ist die Zeit“ (Markusevangelium, 1. Kapitel, Vers 15). Und es wurde eine gute Zeit! Aus der großen Programmfülle haben wir es tatsächlich geschafft, bei fast allen Veranstaltungen, die uns am meisten interessierten, dabei zu sein: So waren wir u.a. bei der Bibelarbeit über die Hochzeit von Kanaan und die Verwandlung von Wasser zu Wein, gehalten von unserem Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier. Und auch der Bibelauslegung des ka- tholischen Bischofs von Limburg, Dr. Georg Bätzing, konnten wir lauschen und überraschend auch der von Samuel Koch, dem bei einer „Wetten dass?“- Fernsehsendung schwer verunglückten Wettkandidaten, der sein Schicksal tapfer annahm und nun querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt.
In Podiumsdiskussionen hörten wir die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt zu heutigen Anfechtungen der Demokratie sowie Sven Giegold und Robert Habeck im Kampf um geeignete Methoden und Maßnahmen zum Klimaschutz – Letzterer hart angegriffen von einer Vertreterin der „Letzten Generation“. Mehr Entspannung und Unterhaltung gab es dann bei einer Großveranstaltung in der Frankenhalle, in der Dr. Eckhart von Hirschhausen alle Register zu aktuellen globalen Problem zog, und schließlich als Tagesabschluss auch noch bei den Kabarettisten „Duo Camillo“, die sich sehr lebensnah und humorvoll am Alltagskampf der Geschlechter abarbeiteten. Und das ist nur ein kleiner Auszug aus unserem persönlichen Programm. Dazu immer wieder die vielen kleinen Angebote auf den Straßen und Plätzen Nürnbergs. Das alles bei wolkenlosem Himmel, strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad. Auch für das leibliche Wohl wurde an vielen Ständen gesorgt. Zu Mittag haben wir aber immer im „Gläsernen Restaurant“ gegessen. Das hieß so, weil man alle Schritte der Zubereitung der Speisen durch große Schaufensterscheiben verfolgen konnte. Die Speisen waren natürlich alle vegetarisch! Diese fünf Tage haben uns einiges an Kraft gekostet – aber auch so viel Kraft gegeben.
Vieles von dem, was wir gesehen und gehört haben, sickert bei uns erst jetzt so richtig ins Bewusstsein, regt zum Nachdenken an, was man im eigenen Leben davon praktisch umsetzen kann. „Die Zeit ist jetzt“, Gewohnheiten und Einstellungen kritisch zu hinterfragen und ggf. zu ändern, Neues zu wagen und sich bewusster mit den dominierenden Themen unserer Zeit auseinander zu setzen. Und davon gibt es genug: der Klimawandel und seine Folgen, der Krieg in der Ukraine, die Flüchtlingswellen aus Vorderasien und Afrika, die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, die Zukunft der Kirchen und das ökumenischen Zusammenwachsen. Es gibt viel zu tun.
Im Ohr bleiben aber auch die omnipräsente Musik, die Konzerte und die vielen vertrauten, aber auch die vielen neuen Kirchenlieder. Wir haben die Texte und die Noten mitgebracht. Es waren 5 tolle Tage, die so viele Anstöße gegeben haben. Sie führen uns in die nächsten 2 Jahre. 2025 ist wieder evangelischer Kirchentag, dann in Hannover. Und wenn es mir gelungen ist, auch für Sie mit diesem kurzen Bericht vom Zauber dieser Tage etwas einzufangen, dann kommen Sie doch einfach mit nach Hannover. Wir werden ganz gewiss wieder mit dabei sein.
Günther Wecke