Wochenspruch: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. (Epheser 2, 19)
Psalm 107, 1-9 Wochenlied:
AT-Lesung: Epistel: Evangelium: Predigttext:
EG 320 Nun lasst uns Gott, dem Herren, Dank sagen oder EG 418 Brich dem Hungrigen dein Brot
2.Mose 16,2-3.11-18
Apostelgeschichte 2,41-47
Johannes 6,1-15 Hebräer 13, 1-3
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, liebe Gemeinde,
wenn unser Leben aus dem Takt geraten ist, wenn bisherige Selbstverständlichkeiten nicht mehr gelten, sind wir auf der Suche. Und nicht wenige sehnen sich danach, dass einer oder eine sagt, was wir tun sollen, damit wir auf der sicheren Seite sind.
Das Schreiben an die hebräischen Gemeinden listet am Ende, im 13. Kapitel, solche klaren und prägnanten Handlungsanweisungen auf. Der ganze Brief richtet sich in einer Art Predigt an die jungen Christengemeinden. Sie sind verunsichert und müde geworden in ihrem Glauben. Die Hoffnung droht ihnen verloren zu gehen. Als Christen sind sie in ihrer Umgebung auf Widerstand gestoßen. Sie sind unfreundlich behandelt und ausgegrenzt, ja misshandelt worden. Nun will der Verfasser sie trösten und bestärken. Er erinnert sie daran, dass das Ziel nicht ist, sich im Hier und Heute „auf ewig“ einzurichten. Sondern: Wir sind Gäste auf Erden; angewiesen auf Gastfreundschaft, auf Zusammenhalt untereinander.
Und dann schreibt er ganz konkrete Anweisungen zum Tun in der Gemeinde:
1 Bleibt fest in der geschwisterlichen Liebe.
2 Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.
3 Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt.
„Gastfrei zu sein vergesst nicht; …“
Nicht nur im Hebräerbrief lesen wird die Aufforderung zur Gastfreundschaft. Immer wieder wird in der Bibel daran erinnert: „Seid gastfrei untereinander ohne Murren“ (1. Petrus 4,9). „Übt Gastfreundschaft“ (Römer 12,13).
Von Jesus wird erzählt, wie er bei Menschen einkehrt, wie er sich selbst bei ihnen einlädt und sie so zu Gastgebern macht oder sie auffordert, die Gastgeberrolle zu übernehmen.
„… denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.“ Damit wird die Mahnung zur Gastfreundschaft zwar nicht begründet, doch sie zeigt auf, welcher Segen in Gastfreundschaft liegt. Nicht immer wird es so eine große segensreiche Ankündigung sein wie z.B. bei Sara und Abraham, die gastfreundlich drei Fremde bei sich aufnehmen. Sie laden sie ein, im Schatten des Baumes zu rasten; versorgen sie mit Wasser, um den Staub abzuwaschen, und bewirten die drei Fremden großzügig. Es
entwickelt sich ein Gespräch, in dem Abraham und Sara, den lange Kinderlosen, der ersehnte Sohn, die Verheißung, angekündigt wird.
Nein, nicht immer wird ein großes Geschehen angekündigt. Auch im Kleinen geschehen Wunder. Oft kann sogar schon die Vorstellung, Himmelsbesuch bei sich zu haben, Erstaunliches bewirken. Dazu folgende Geschichte:
Zu einem Guru kam eines Tages ein unerwarteter Besucher – der Abt eines wohlbekannten Klosters. Dieser erzählte eine leidvolle Geschichte: Einst war sein Kloster in der ganzen westlichen Welt berühmt, junge Aspiranten füllten die Zellen und die Kirche hallte wider vom Gesang der Mönche. Aber jetzt hatte das Kloster schwere Zeiten durchzustehen. Die Menschen strömten nicht mehr herbei, um geistige Nahrung aufzunehmen; der Zustrom junger Aspiranten war versiegt, in der Kirche war es still geworden. Nur ein paar Mönche waren geblieben und sie gingen ihren Aufgaben schweren Herzens nach.
Der Abt wollte nun wissen: „Ist das Kloster um unserer Sünde willen in einen solchen Zustand verfallen?“
„Ja“, sagte der Guru, „die Sünde der Ahnungslosigkeit.“
„Was ist das für eine Sünde?“ „Einer von euch ist der Messias – verkleidet – und ihr merkt es nicht.“ Nachdem er das gesagt hatte schloss der Guru seine Augen und versank wieder in Meditation. Während der beschwerlichen Rückreise zum Kloster schlug das Herz des Abtes schneller bei dem Gedanken, dass der Messias – der Messias in Person! – auf die Erde zurückgekehrt war und sich in seinem Kloster befand! Wie war es möglich, dass er ihn nicht erkannt hatte? Und wer konnte es sein? Der Bruder Koch? Der Bruder Sakristan? Der Bruder Verwalter? Der Bruder Prior? Nein, der nicht, er hatte leider zu viele Fehler. Aber der Guru hatte doch gesagt, der Messias wäre in Verkleidung da. Konnten diese Fehler gerade seine Verkleidung sein? Bei genauerer Überlegung hatte jeder im Kloster seine Fehler. Und einer von ihnen musste der Messias sein!
Als er wieder im Kloster ankam, versammelte er die Mönche und sagte ihnen, was er gehört hatte. Ungläubig sahen sie einander an. Der Messias? Hier? Unglaublich! Und doch hieß es, er sei hier, in Verkleidung. Wenn es nun der oder der wäre? Oder der dort drüben? Oder… Ein Sache war sicher: Wenn der Messias sich hier verkleidet befand, war es nicht sehr wahrscheinlich, dass sie ihn erkennen würden. Also ließen sie es sich angelegen sein, jeden respektvoll und mit Rücksicht zu behandeln. „Man kann nie wissen“, sagten sie sich, wenn sie miteinander zu tun hatten, „vielleicht ist es gerade der.“
Die Folge war, dass im Kloster eine ansteckend fröhliche Stimmung herrschte. Bald bemühten sich wieder Aspiranten um Aufnahme in den Orden und erneut hallte die Kirche wider von dem frommen und frohgemuten Gesang der Mönche, die vom Geist der Liebe beseelt waren.
(aus Anthony de Mello, Warum der Schäfer jedes Wetter liebt)
Einer von euch ist der Messias. Oder: Einige haben ohne ihr Wissen Engel beherbergt.
Einen gesegneten Sonntag, bleiben Sie behütet! Ihre Dr. Ina Helmstädter-Rösner