Ferien- und Urlaubszeit. Es wird ruhiger und weniger geschäftig – hoffentlich. Noch bietet die Sommerzeit im alltäglichen Uhrwerk eine kleine Atempause, eine Zäsur. Möge das so bleiben. Ich freue mich für alle Lehrerinnen und Lehrer, die Luft holen können, wie auch für alle Schülerinnen und Schüler und natürlich für alle, die entweder auf Reisen oder zu Hause ausruhen können. Denn auch dazu hat uns Gott neben all den Aufgaben, die uns vielleicht erfüllen, Sinn geben und auch einfach dem Lebensunterhalt dienen, geschaffen: wir dürfen einfach sein. Zwecklos und zweckfrei sein! Die Schöpfung und unser eigenes Leben wahrnehmen – in Wald und Feld, im Garten, in den Bergen, an der See, im Freibad, auf der Liege mit einem guten Buch oder in Gemeinschaft mit Freunden am Grill – wie auch immer. Die Ruhe und die Freude gehören zur Lebensqualität. Den Blick für das Schöne hatte auch Paul Gerhardt, als er 1653 den Text für das bis heute gern gesungene Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ dichtete. Gerhardts Lieder im Gesangbuch haben viele Strophen.
Sie sind eine Predigt. Gerade im besagten Lied (EG / Evangelisches Gesangbuch 503) beschreibt er die Schöpfung: die Bäume, das Grün, die Blumen, die Tierwelt von der Glucke, über Storch, Schwalbe, Nachtigall und Bienenschar. Er bestaunt das Schöne und kommt schließlich zur Folgerung: „Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen. Ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen.“ Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir uns am Leben, an jedem Tag, den Gott uns schenkt, freuen können, dass wir einen Blick für das Schöne haben: ob vor der Tür, im Wald und Feld oder fern auf Reisen. Angesichts der vielen Sorgen um die Welt ist das keine Ignoranz, sondern Resilienz! Paul Gerhardt selbst hat das Toben des 30-jährigen Krieges erlebt. Er hat Kinder und Familie verloren, das Schlimmste durchlitten. Er war nicht ignorant oder weltfremd. Ganz im Gegenteil. Und dennoch und gerade deshalb hat er sich an das Schöne gehalten, getragen von einem trotzigen Glauben an einen Gott, der stärker ist als alles, was unser Leben krank machen will, bedrohen und zerstören will. Von diesem Glauben aus übt sich Paul Gerhardt in einer Welt voller Leid ein, den Blick für das gelingende Leben nicht zu verlieren. Er sucht nach Hoffnungsbildern und findet sie in der Schöpfung, schließt (beinahe wie bei einem kosmologischen Gottesbeweis) von der Erfahrbarkeit des gut geschaffenen in Natur und Tierwelt (und ich ergänze in guten menschlichen Begegnungen) auf den, der dies bewirkt, den guten Schöpfer. Und noch weiter: man nennt es den eschatologischen Ausblick. Er sieht weiter als auf das Hier und Jetzt: wenn Gott hier Gutes schaffen kann, dann: „Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen, so will ich dir und deiner Ehr allein und sonsten keinem mehr HIER UND DORT EWIG DIENEN.“ Und das Prinzip Hoffnung – der Blick auf das „Danach“ erdet und verortet uns im Hier und Jetzt – nicht weltfremd, aber mit „göttlichem Weitblick“, der allem Dunkel hier trotzt. Segensreiche, schöne erholsame Ferien! Ihre Pastorin Birgit Rengel