Gedanken zum Evangelium des Ostermontags

Meine liebe Gemeinde!

„Er kam ihnen nahe …“ – Der Codex aureus von Echternach (ca. 1030): EMMAUS

Jesus ist mit auf dem Weg. Der Ostermontag und die Osterwoche stehen im Zeichen der Jünger, die von Jerusalem nach Emmaus wandern und erst beim Abschied und bei der gemeinsamen Mahlfeier erkennen, wer sie begleitet hat.

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Offenbarung 1,18

Psalm 118,14-24

Jesaja 25,6-9


1. Korinther 15,50-58

Lukas 24,13-35

Das Evangelium für den heutigen Montag ist eine Weggeschichte. Der Weg führt von Jerusalem – dem Ort der Kreuzigung und Auferstehung – nach Emmaus, in das heutige Abu Gosh, das zwei Wegstunden von Jerusalem entfernt liegt. Zwei Jünger haben sich aufgemacht, einer bleibt namenlos, der andere mit Namen Kléopas.

Die beiden fliehen geradezu von dem Ort des Schreckens und des Nichtverstehens, von Jerusalem. Ihr Herz ist sicherlich noch nicht mitgekommen drei Tage nachdem all das geschehen ist. Auf dem Weg versuchen sie, im Gespräch die Dinge zu verarbeiten.
Im Miteinander-Gehen lassen sich viele Gespräche leichter führen als einander gegenübersitzend. Der gemeinsame Weg ermöglicht es, neben dem gesprochenen Wort den Blick schweifen zu lassen. Nicht immer ist es hilfreich, die große Dichte des Blickkontakts zu halten. Die beiden sind so in sich versunken, dass sie ihre Außenwelt nicht wahrnehmen. Sie sind in ihr persönliches „Chaos“ der Ereignisse – der inneren und äußeren Ereignisse – versunken. Sie werden von Gott angesprochen in der Person des Auferstandenen, den sie nicht erkennen: „Ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten.“

Er spricht sie an: „ Was sind das für Dinge, die ihr da verhandelt.“ Die beiden sind entsetzt, bleiben stehen, halten inne und antworten mit einer Gegenfrage: „Bist denn Du der einzige, der nicht weiß, was in Jerusalem geschehen ist?“ Und man könnte mitdenken: Da ist für uns eine Welt zusammengebrochen, und du weißt von nichts?! Die Jünger fühlen sich gottverlassen.

Jesus könnte nun sagen: Ja seht ihr nicht, dass ich es bin? Aber ein guter Therapeut wendet das „Hebammenprinzip“ an. Er lässt das Gegenüber erzählen, damit das Erlebte beim Erzählen verarbeitet werden kann. Und: er entlockt dem Gegenüber auch neue eigene Sichtweisen. Manchmal ist es notwendig, der Sichtweise nach einer Weile des Selbstverarbeitens nun von außen ein Korrektiv zu bieten. „Sieh es doch mal von dieser Seite.“ „Sieh es von jener Seite.“ „Lern es, von Gottes Heilsplan zu sehen, übe Dich in die Schrift ein, dass Du Gottes Heilsplan mit Kopf und Herz auch auf deinen Lebensweg deuten kannst.“ So begegnet ihnen der Auferstandene. Und dann deutet er von den Prophetenworten und der Heilsvision das Ereignis der Erl*sung: Alles musste so geschehen, weil es zum Heilsplan Gottes geh*rt! Sie h*ren und verstehen noch immer nicht.

Nun kommen sie in Emmaus an. Es wird dunkel. Die orientalische Gastfreundschaft ist groß. So wenden sich die beiden an den für sie noch immer „Fremden“: „Ihre Augen waren gehalten“ – sie verstehen noch nicht. „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.“

Nun geht es zu Tisch.
Stellen Sie sich einmal vor: Sie laden jemand ein, und derjenige bedient sich gleich, nein: er wird sogar zum Gastgeber! Da bleibt einem vielleicht doch die Sprache weg! Der „Fremde“ wird nun zum Gastgeber. Er nimmt das Brot und bricht es f+r die Gastgeber.
Auch wenn es so aussieht: Aber er tut das nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil er den Jüngern einen Anknüpfungspunkt an Bekanntes geben will. Von dieser Symbolhandlung her verstehen sie nun, wer ihnen gegenübersitzt. Der, der das Brot schon einmal brach und sprach: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“

Nun gehen ihnen die Augen auf, und sie können auch die auf dem Weg geh*rten Worte deuten. Und sp+ren auf einmal auch das, was ihr Herz schon lange gesagt hatte: „Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Weg und uns die Schrift öffnete?“
In ihrer scheinbaren Gottverlassenheit, als die Welt zusammenbrach und alles ganz anders war, ging der Auferstandene ganz nah neben ihnen.

Nun können Sie zurückkehren nach Jerusalem, dem Ort, der nun auch der Ort der Auferstehung ist. In Jerusalem begegneten sie den Elf und den anderen, die bei ihnen waren. Sie erz’hlen einander von den Erfahrungen mit dem Auferstandenen, sie bezeugen die Auferstehung, sie bezeugen, dass das Leben weitergeht!

Einen gesegneten Ostermontag!

Ihre und Eure Pastorin Birgit Rengel

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