Es war reiner Zufall, als unser damaliger Stammesführer Winni das alte leerstehende Haus am Lappwaldrand stehen sah und dachte, das wäre doch etwas für den Stamm – so erzählte es mir die Frau unseres damaligen Stammesführers, der nun schon vor vielen Jahren verstorben ist. Ein leerstehendes Haus und
ein verwildertes Gelände, was kann interessanter sein für den damals jungen Stamm mit vielen jungen Pfadfinder:innen?

Es wird kultiviert, das Gelände urban gemacht, dabei kommt Altes zu Tage, was noch immer Beachtung findet und sei es nur ein altes Auto aus
Metall in einem Bad. Wilde florale Tapetenmuster im Inneren, Schlafplätze unter dem Dach, unter riesigen bunt gemalten Deckenmalereien, unter „Renovieren“ verstand man anfangs etwas ganz anderes – eher so riesige fettglänzende Tropfen a la Joseph Beuys. So erinnere ich mich an die Anfänge. Ich denke, für viele im Stamm war es anfangs auch so etwas wie sich frei und unbeobachtet zu fühlen, sich ausprobieren können. Die Wochenenden alleine mit der Sippe oder in der Meute verbringen, hatte für uns eine ganz wichtige Funktion – so etwas wie Emanzipation, aber von zu Hause! Im Laufe der Zeit kamen dann vielerlei Veranstaltungen hinzu, Sippenführerkurse und besonders erinnere ich mich an die Späherkurse von Johannes Büscher, das war alles so kreativ. Dann die Literatur- und Theaterwochenenden unter der Leitung von Reinhard Osteroth, die waren auch etwas ganz Besonderes und wurden zum prägenden Merkmal unseres Stammes. Das Haus wurde dadurch immer bekannter in der Pfadfinderszene und darüber hinaus. So öffneten wir schon damals die Türen für alle anderen Formen der Jugendarbeit wie politische und kirchliche Gruppen, Schülervertretungen, Ökobewegungen u.v.m. Davon berichten die Gästebücher… . Zwischendurch gab es eine lange Zeit der Renovierungstätigkeiten, einmal durchs ganze Haus, jedes Jahr ein Raum, mit viel Engagement und stundenlanger Arbeit und jeder im Stamm hat mitgemacht. War auch so eine Zeit des Lernens. Mit den Jahren wuchs unsere Erfahrung und wir trauten uns immer mehr zu, am Ende haben wir ganze Dächer abgebaut, Balkenwerke erneuert, Dächer aufgebaut, geteert. Im Grunde genommen alle möglichen handwerklichen Fähigkeiten erlernt, die so manch einen dazu bewegten, im Handwerk beruflich Fuß zu fassen. Jahrelang traf sich die Redaktion des Ostrakon hier und auch die BFS war das eine oder andere Mal zu Gast im Haus Wetterstein.

Zum Jahreswechsel ist das Haus immer gerne gebucht. Pfadfindergruppen kommen natürlich auch weiterhin, werden aber immer weniger. Die Zeiten änderten sich, unser Stamm verlor seine aktiven Sippen und Meuten, aber das Haus Wetterstein konnte erhalten werden. Unsere Gruppen sind jetzt noch vielfältiger, vor allem alle Formen und Varianten des Rollenspiels sind dazu gekommen. Unser Haus ist ein fester Begriff in der Szene. So toben und verlaufen sich auch schon mal Waldelfen im Lappwald, treibt sich allerlei Gesindel am Wochenende um das Haus Wetterstein und unser Schuppen ist ein beliebter Platz für die Taverne. Jäger und Radfahrtouristen, Handwerkergesellentreffen – und eben ab und an auch mal Pfadfindergruppen. 50 Jahre geht das nun schon und in diesem Jahr haben wir dies gefeiert mit vielen Ehemaligen, Gästen und natürlich auch Spender:innen, ohne die so was gar nicht möglich wäre. Ich finde es gut, was aus so einem Zufall im Jahr 1972 alles geworden ist.

Gut Pfad Horst Schwirz Stamm Elmsritter, Helmstedt

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