Unsere Pilgertour begann am Montag, 21.September mit einer Zugfahrt von Königslutter nach Marienborn. Von der dortigen Marienquelle ging es zu Fuß über den Braunschweiger Jakobsweg von Marienborn – Helmstedt – Räbke – zurück nach Königslutter. Mein Trinkwasser von Zuhause habe ich den Pflanzen an der Marienquelle gespendet, um das von Axel so hoch gelobte Wasser der Quelle in meine Trinkflasche zu füllen. Was für ein schöner Einstieg mit dem Motto ‚Wasser – Wüste – Wiese ‚. Und das Quellwasser schmeckte tatsächlich sehr gut. Wir bekamen ein kleines Heft mit passenden geistlichen Liedern und dem Psalm 23. So gut versorgt machten wir uns auf den Weg mit Pausen, gemeinsamem Sprechen des Psalms und Singen (im Freien mit Abstand) der Lieder mit schönen Melodien und starken Texten. Eindrücke aus der freien Natur und das Miteinander der Gruppe machten etwas mit mir. Wie soll ich diese Gedanken und Gefühle in Worte fassen? Ich spürte eine große Freude und Dankbarkeit. Claudia gab uns für eine lange Schweigezeit das Thema „Wie gehe ich mit dem „finsteren Tal“, dem Schwerem um? Welche Möglichkeiten habe ich, Wege herauszufinden? Welche Symbole finde ich auf meinem Weg, die mir helfen, meine Gefühle auszudrücken? Auf welche Weise kann ich die gesammelten Symbole wieder ablegen? Ich habe mich dann weiter gefragt: Lasse ich mich von Gottes Wort führen? Glaube, Hoffnung, Liebe – lasse ich das zu, wenn ich verletzt bin? Manchmal fällt es mir sehr schwer, einem Menschen zu vergeben. Und dann trage ich schwer daran. In der Pilgerkirche St. Christophorus in Helmstedt gab es einen Einzug mit Glockengeläut und einem herzlichen Empfang durch Pastorin Rengel. Der Gottesdienst in ihrer Kirche und die herzliche Gastlichkeit haben mich dann wieder aus meinen etwas schwereren Gedanken geholt. Mit einer köstlichen Suppe bereitet von einem „Pilgerkoch“ und Kaffee mit Kuchen zur Stärkung und Segen für unseren weiteren Weg nahmen wir Abschied. Eine wundervolle Gemeinde! Vielen Dank dafür. Der Auszug war mit Glockengeläut und wir waren so satt und behütet. Übernachtet haben wir im Klos- ter St. Ludgerus. Diese alten Gemäuer haben mich beeindruckt. Zum Einen wegen ihres Alters, zum Anderen wegen ihrer Möglichkeiten, mich darin zu verirren. Das ist mir dann auch passiert, aber ich hatte in Axel einen Schutzengel. Es fügte sich, dass eine Teilnehmerin unserer Pilgertour Helmstedt sehr gut kannte und uns abends durch die gut erhaltene Altstadt führte. Die Dämmerung und das Miteinander erlebte ich in dieser historischen Umgebung besonders intensiv. Das kleine Dorf Räbke war wieder so ein eindrückliches Erlebnis. Der ehemalige Bürgermeister empfing uns mit spürbarer Freude über unseren Besuch in dem angrenzenden Raum der restaurierten, wieder betriebsbereiten Wassermühle. Seine Begeisterung für sein Dorf war spürbar. Nach einer Kaffeetafel mit selbstge- backenem Kuchen einiger Dorfbewohner hat er uns die Funktion der historischen Wasser- mühle erklärt und auch vorgeführt. Dann erlebten wir seine Führung durch dieses kleine Dorf. Es hat in einem bundesweiten Wettbe- werb den 2. Platz erreicht. Der Rundgang führte an einem Wasserlauf vorbei. Dort gab es auch noch Wasservögel, wie Enten, Gänse und Blesshühner. Die Kirche und viele alte Höfe mit den historischen Nebengebäuden erlebte ich als Einheit. Und dann trafen wir auf eine Frau, die gerade ein altes Haus mit einfachen Mitteln restaurierte. Sie benutzt Baumaterialien, die man vor ca. 150 Jahren zur Verfügung hatte. Den Anstrich der Fach- gewerke stellt sie aus einem Gemisch von Schweineborsten, Quark und noch anderen natürlich gewonnenen Zutaten selber her. Sie hat ihren gut bezahlten Job aufgegeben, um alte Häuser zu retten. Nach dem Abendessen und Beisammensein im Raum neben der Mühle kam ich mit einer Mitpilgerin zum Übernachten in ein sehr, sehr altes Haus. Ich legte mich nur noch zum Schlafen ins Bett und schlief bis zum Morgen durch. Nun bei Tageslicht sah ich meine Umgebung. Die Zimmertür hatte ein Kastenschloss mit ent- sprechend großem Schlüssel, der Schrank war aus massivem Holz mit Scharnieren an den Türen. Ich fühlte mich in dieser Umgebung wie zu Besuch bei meiner Großmutter. Und dann entdeckte ich noch ein Kleinod. Die Fensterflügel im altem Stil gingen nach außen auf und hatten Feststellhaken. Die Sonne schien auf einen kleinen hübschen Garten mit Bachlauf. Ich hatte an all dem eine große Freude. Während des letzten Weges spürte ich ein wachsendes Zusammengehörigkeits- gefühl und Vertrauen untereinander. Wir hatten eine Zeit des Schweigens, eine Zeit guter Gespräche und Aufgaben, die mich zum Nachdenken über mich selbst brachten. Und zum Abschluss wurde uns über die Stiftskirche in Königslutter mit ihrer wechselvollen Geschichte berichtet. Diese historisch wertvolle Kirche werde ich mir noch einmal ansehen, um mich mit der Geschichte unserer Vorfahren vertrauter zu machen. Am Mittwoch, 23. September, kam der Abschiedstag mit Dank für all ihre Fürsorge an unsere Pilgerbegleiter Claudia und Axel Lundbeck und der Wunsch, uns einmal wiederzusehen. Auch jetzt noch klingt diese segensreiche Pilgerzeit in mir nach.
Eure dankbareMitpilgerin
Dagmar Milobens