Liebe Gemeinde, der folgende „Liebe Leser“ wurde vor vielen Wochen geschrieben; die jetzige Kriegssituation in der Ukraine macht es mir unentbehrlich, Ihnen zu Beginn dieser etwas verspäteten Ausgabe unseres Schulter-Blattes, wofür ich mich entschuldige, zum Ausdruck zu bringen, dass ich Ihre große Sorgen um die Welt, die Menschen in den Kriegsgebieten, die Flüchtlinge teile; ohnmächtig BIN ICH und zugleich erfüllt von der Frage „WAS KANN ICH TUN?“ Ich denke an meine Mutter, die Kriegs-und Fluchtgeneration; sie stammte aus Lemberg. Sie hatten in den Bunkern gebetet und gesungen, um die Bomben nicht zu hören, um sich vor Augen zu führen, dass es einen Gott gibt, der stärker ist als alles, was unser Leben zerstört. So hatten sie überlebt, nicht aufgegeben, für das Leben zu kämpfen, weiterzugehen, andere mitzunehmen, die aufgeben wollten, weil die Kraft fehlte… Das Gebet ist eine große Kraftquelle, und ich bin so unendlich dankbar, dass so viele Menschen an vielen Orten zusammenkommen – aus Solidarität und im Gebet, so auch jeden Freitag um 18.00 Uhr an unserem Ludgeri-Kreuz. Die Spenden an gut erhaltener Kleidung können bei Sammelstellen wie auch im Sozialwerk Spangenberg oder beim DRK, bei Kolping (Ludgerihof) abgegeben werden. Finanzielle Hilfe ist möglich u.a.: Diakonie Katastrophenhilfe Berlin, IBAN: DE 68 5206 0410 00005025 02 Stichwort „Ukrainekrise“. Lassen Sie uns bei allen Möglichkeiten der Hilfe nicht verzweifeln und die Hoffnung hochhalten, dass es einen Gott gibt, der das LEBEN will. Wir gehen auf Ostern zu! Ihre Birgit Rengel.
Diese Zeilen schreibe ich Ihnen am letzten Sonntag nach Epiphanias. Die Evangeliumslesung aus Matthäus 17,1-9 des heutigen Sonntags ist die Verklärung Jesu. Eine Achterbahn der Gefühle und Erlebnisse hatten die Jünger hinter sich. Die Kapitel vor dem heutigen Evangelium erzählen von dem Petruszeugnis. Simon hatte sich als Vorzeigejünger etabliert. In seinem Mut und in seinem Bekenntnis zu Jesus hatte er den Ehrentitel „Petros“ (griech.= Fels) erhalten. Wie ein Fels in der Brandung hatte er innerhalb der Jüngerschaft zu Jesus gestanden. Aber wenig später ist genau er es, der den Worten Jesu nicht traut, sie nicht hören möchte, weil sie sein eigenes Wollen, sein Bild von Jesus erschüttern: die Leidensankündigung Jesu, die Aussicht, dass er bald nicht mehr bei ihnen sein würde, dass der Abschied mit Leiden verbunden sei… Das wollte Simon – nun Petrus – nicht hören. Das war zu viel für ihn. Und Jesus musste ihn zurechtweisen. „Weiche von mir. Geh hinter mich.“ Höhen und Tiefen in der Jüngerbeziehung liegen nun hinter ihnen, als Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes die Möglichkeit haben, mit Jesus allein zu sein.
Sie dürfen ihn begleiten. In der Bibel finden sich die besonderen Gottesereig- nisse und Begegnungen oft auf einem Berg. So erhält Mose die 10 Gebote auf dem Berg Sinai. Diese nun erfolgende Begegnung mit Gott und Jesu „Verklärung“ geschieht auf dem Berg Tabor. Wer von Ihnen wandert, weiß, was es bedeutet, ein Gipfelkreuz zu erreichen. Man fühlt sich dem Himmel nah. Und manchmal sind es die „symbolischen“ Gipfelkreuze, die uns im Leben in Erinnerung bleiben, wenn etwas Überwältigendes in unserem Leben geschieht. Auf dem Berg Tabor geschieht in diesem Evangelium (Mt 17,1- 9) ein Mysterium, eine Verwandlung. Jesus – in Licht gehüllt, sein Angesicht hell, seine Kleider weiß wie das Licht. Und ihm erscheinen Mose und Eliah, die Propheten der Geschichte des Volkes Israel, die das Volk führten, auf den Retter verwiesen. Ihre Prophezeiungen werden nun in Jesus erfüllt. ER ist der Retter. Diese „Amtseinführung“ oder „Inauguration“ durch Gott geschieht nun in diesem Mysterium. Die göttliche Stimme (wie auch bei der Taufe Jesu) macht deutlich: Dieser Jesus ist nicht nur einer der Prophetenfiguren wie Mose und Eliah, sondern er selbst ist Gottes Sohn. „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Die Jünger fallen nieder, fürchten sich. Solche Gottesmomente sind zu groß. Erst später werden sie sie erfassen. (Nachösterlich!) Jesus berührt sie und spricht: „Fürchte dich nicht.“ So gern hätten sie diesen Ort festgehalten, für Mose, Elia undJesus „Hütten gebaut.“
Begegnungen festzementieren, Momente konservieren, Menschen halten – das möchten wir. Aber wie die Jünger in der Evangeliumslesung müssen auch wir lernen, dass die Verwandlung des Lebens gegen Stagnation spricht. Nichts und niemand kann gehalten werden. Schon gar nicht die heiligen Momente. Aber wahrnehmen, sie an uns geschehen lassen, das können und sollen wir. Die Verklärung Jesu machte deutlich, dass Jesus einer anderen Macht gehört. Wie schon seine Eltern erfahren mussten, dass sie loslassen müssen, so nun auch die Jünger. Es ist jedoch ein Loslassen in die göttliche Gegenwart und zugleich darin ein Um- geben sein und Verwandelt werden in göttlich Neues! Die Jünger gehen verwandelt vom Berg herab. Theologisch ist mit diesem Evangelium Jesu die Vorpassionszeit eingeläutet. Sein Weg wird nach Golgatha und an das Kreuz führen, aber am Ende wird die Auferstehung diesen Moment der Verklärung auf dem Berg Tabor verstehen lassen. Im Nachhinein werden die Jünger begreifen – mit Herz und Verstand.
Liebe Gemeinde, Gott will verwandeln. Dazu müssen wir nicht wortwörtlich auf dem Berg sein, aber dieses Evangelium will uns auch für die Verwandlungen in unserem Leben sensibilisieren. Momente, in denen unsere Vergangenheit (die Menschen, die uns prägten), die Gegenwart und die Zukunft zusammenkommen: Heilige Momente! Seien Sie behütet in diesem Jahr!
Ihre Pastorin Birgit Rengel